Und wieder einmal wird die Problembehandlung nach ganz hinten geschoben und nur am Symptom herum gedoktort.
Ich hab Bauchschmerzen.
Und wieder einmal wird die Problembehandlung nach ganz hinten geschoben und nur am Symptom herum gedoktort.
Ich hab Bauchschmerzen.
Ich habe da auch keine saubere Antwort. Ein Datenaustausch ist da definitiv nicht das, was fehlt. Jetzt blöd gesagt: Sehr viele der psychisch auffälligen Personen sind ja so oder so polizeibekannt. Das war ja bei allen von diesen Attentätern der Fall. Wenn du als druffer Alki hinter dem Bahnhof hockst oder wenn du eine harte Psychose hast, dann sind die Chancen groß, dass du irgendwann mit der Polizei in Kontakt trittst.
Der wirkliche Wechsel steckt übrigens hier drin:
Aktuell hast du sehr, sehr hohe Auflagen, um jemanden in einer geschlossenen Einrichtung unterzubringen, wenn dieser das nicht will. Auch das mit den Medikamenten ist echt ein zweischneidiges Schwert.
Wurden diese hohen Hürden nicht nach Bekanntwerden des Falls Gustl Mollath eingeführt? Die kommen ja nicht von ungefähr.
Nein, die wurden eingeführt, nachdem die Nazis alle, die sie doof fanden, als “psychisch krank” eingestuft haben, um sie in “Umerziehungslagern” zu konzentrieren. Dann wurde die Bundesrepublik gegründet und man hat versucht, neue Faschisten möglichst zu verhindern. Deshalb restriktive Gesetze und Auslegung zu Datenschutz, Patientenschutz, Privatsphäre uvm.
Aber das ist alles lange her und hat heute keine Relevanz mehr, da kann man schon mal wieder Faschomethoden fordern und umsetzen, schließlich sind wir die Guten!
Worauf hast du keine ‘saubere’ Antwort? Darauf, warum man Gesundheitsdaten an die Polizei weitergeben sollte? Darauf gibt es keine, das sollte man nicht.
Darauf, wie man mit psychisch auffälligen Personen umgehen soll? Vielleicht mit geschultem Personal?
Darauf, wie man die Zahl gewalttätiger Ausbrüche und ähnlichem reduzieren kann? Ich kann mich nur wiederholen, Aufklärung, Entstigmatisierung und mehr Diagnose-/ Therapieplätze. Was soll daran unsauber sein?
Einfach als Beispiel aus meiner persönlichen Erfahrung: Wenn jemand nachts in einem psychischen Ausnahmezustand nachdem er gewalttätig wurde von der Polizei in eine Psychatrie gebracht wird und sich dann morgens um 8:00 wieder selbst entlassen darf und dann wieder vor der Tür steht, ohne dass die Gewaltbetroffenen informiert werden, ohne dass irgendwas an Therapie oder Intervention stattgefunden hat und all das. Da hilft dann auch leider kein geschultes Personal, das war ja da.
Im Kern haben wir als Gesellschaft ein Problem mit Therapieunwilligen. Das gilt dann auch für den offensichtlich Schizophrenen, der in der U-Bahn herumschreit, dem es offensichtlich nicht gut geht, der aber auch keine Hilfe bekommen wird, weil er sie ablehnt. Es gibt auch die Fälle von Erkrankten, die andere terrorisieren, die aber gerade wegen ihrer Erkrankung als schuldunfähig gelten, aber wo die Grenze des Terrors dann doch nicht so hoch ist, dass eine zwangsweise Unterbringung auf Dauer erfolgen darf. Und ja, ich weiß, dass eine Therapie gegen den Willen des Betroffenen nicht gut funktionieren wird und nein, ich halte es trotzdem nicht für ok, wenn jemand dann den ganzen Tag in der U-Bahn rumschreit und anderen Menschen Angst vor dem ÖPNV macht.
So langsam wird es anstrengend. Was davon wird besser, wenn Gesundheitsdaten an die Sicherheitsbehörden weitergegeben werden? Bei diesem Vorstoß geht es darum, eine Kartei an psychisch kranken Menschen für die Polizei zu erstellen. Welche Probleme löst das?
Ich würde nicht sagen, dass das ein Problem für die Gesellschaft darstellt, sondern vor allem für die Betroffenen. Und das kann man angehen. Viele Menschen sind nämlich therapieunwillig, weil der Psychotherapie und dem psychischen Gesundheitsbereich im allgemeinen ein immens negatives Stigma anhängt. Deswegen muss man aufklären, entstigmatisieren und Behandlungsmöglichkeiten schaffen. Wird das von heute auf morgen alle Probleme lösen? Nein, aber es wird die Situation auf lange Sicht stärker verbessern als eine Polizeikartei psychisch kranker Menschen. Das wird nämlich die ganze Sache nur verschärfen.
(Und wehe du sagst noch einmal, du würdest keine ‘saubere Antworten’ kennen, ohne zu sagen, was an dem oben genannten ‘unsauber’ wäre.)
Es ist ja nicht nur die Stigmatisierung, es ist auch die Tatsache, dass die Qualität der therapeutischen Behandlung (insbesondere die von der Krankenkasse gezahlte) großteils einfach unter aller Sau ist.
Bei den meisten Erkrankungen/“Störungen” steht im Vordergrund der Behandlung “normales Verhalten” zu erzielen, wie sich der/die Betroffene damit fühlt ist dabei unwichtig. Ich kann durchaus nachvollziehen warum Menschen eine solche Behandlung verweigern.
Ich glaube, dass wir da nicht zusammen kommen, da wir aktiv aneinander vorbeireden. Ich glaube schon, dass das eben nicht nur ein Problem der Betroffenen ist. Im konkreten Fall hat die Frau halt Leute in einer Bahn angegriffen. Haut aus Klinik ab. Greift ihre Eltern an. Gericht lehnt Aufnahme in Forensik ab. Frau sticht Leute auf Bahnhof nieder. Das sind Fälle, wo dann die individuelle Entscheidung zur Psychotherapie eben schon zum Problem für die gesamte Gesellschaft und da hilft dann irgendwann auch keine Entstigmatisierung mehr. Wir reden hier nicht über die Person mit Depressionen oder Autismus, sondern wirklich über gewalttätige Leute.
Und wie bereits oben geschrieben: Die Polizei hat die Daten ja bereits. Wir müssen jetzt hier nicht groß den Teufel an die Wand malen, dass jetzt schlimme Dinge passieren werden. Die Polizei hat ja bereits in ihren Computern die vorigen Taten gespeichert und das dürfte bei den meisten entsprechenden Gewalttätern so sein. Die sind entsprechend “polizeibekannt” und wurden halt mehrfach auffällig. Hier geht es halt darum als Team von Experten genau solche Eskalationsspiralen zu durchbrechen, damit halt nicht jede lokale Polizeiwache das Problem eben nicht löst, sondern nur verschiebt.