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Hochmut, Habgier, Wollust, Neid, Völlerei, Zorn und Trägheit – diese Liste stellte Papst Gregor der Große Anfang des 6. Jahrhunderts zusammen

Wer eine Todsünde begeht, wendet sich gegen Gott und gegen den zwischen ihm und den Menschen geschlossenen Bund, so sieht es die römisch-katholische Kirche. Das Konzept ist aber weit älter. Am Anfang stand ein »Störgefühl«, wie es die Autorin nennt: Mit der Menschheit ist etwas nicht in Ordnung – wie sonst ließe sich erklären, dass sie einerseits zu Großem fähig, ihre Geschichte aber andererseits von Krieg und Zerstörung geprägt ist?

Den »Systemfehler« unserer Spezies erklärte beispielsweise ein griechischer Mythos: Die Titanen ermordeten und verspeisten Dionysos, den Sohn des Zeus. Aus Rache verbrannte der die Schuldigen zu Asche und formte aus dieser dann die Menschen. Die Gewalttätigkeit der Titanen gehört also ebenso zu unserer Natur wie der göttliche Funke des Dionysos, beide stecken in unserer DNA.

Weit problematischer aber erscheint der Autorin, dass all das bekannt sei und es durchaus gute Alternativen gebe. Und dennoch, so beklagt sie, beharrten wir auf einem »Weiter so!«. Die Todsünde des 21. Jahrhunderts sei daher die Trägheit. Kehnel empfiehlt als Gegenmittel: eine »zukunftsgerichtete Erinnerung« daran, wie frühere Gesellschaften Probleme meisterten.