Sogar der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat schon die zwischenzeitliche Abtretung ukrainischer Gebiete an Russland erwogen. Doch das, was die US-Regierung jetzt vorschlägt, sei aus einem bestimmten Grund für Kiew inakzeptabel, sagt Konfliktforscherin Nicole Deitelhoff.

ntv.de: Die US-Regierung unter Donald Trump hat der Ukraine laut einem Medienbericht einen Friedensplan vorgelegt. Demnach erkennen die USA die Halbinsel Krim als russisches Territorium an. Die weiteren vier besetzten Gebiete Luhansk, Donezk, Cherson und Saporischschja werden nicht offiziell anerkannt, aber unter russische Kontrolle gestellt. Was halten Sie davon?

Nicole Deitelhoff: Das ist ein Plan, der vor allen Dingen Russland entgegenkommt. Von Russland wird kaum etwas erwartet. Es muss geringe Flächen zurückgeben. Aber größtenteils kann es alles, was es bisher erbeutet hat, behalten. Im Gegenzug gibt es keine erkennbaren Sicherheitsgarantien. Es ist in dem Plan vage von einer europäischen Friedenstruppe die Rede. Aber es wird nicht spezifiziert, wie die genau aussehen soll, welche Rolle die USA darin spielen und wie nachhaltig das ist.

Und ohne glaubhafte Sicherheitsgarantien ist kein dauerhafter Frieden möglich, oder?

Ja. Trumps Friedensplan ist ein Unterwerfungsvertrag. Eigentlich wird die Ukraine aufgefordert, zu kapitulieren - gegenüber einem Gegner, der momentan militärisch stärker ist. Eine dritte Partei, nämlich die USA, wollen sich dabei noch ein paar Rosinen rauspicken. Die USA wollen sich den Betrieb des Atomkraftwerks Saporischschja sichern. Außerdem wollen sie durch den Mineraliendeal den Zugriff auf die Rohstoffe der Ukraine bekommen. Dabei gibt es keine Gegenleistung für die Ukrainer. Trumps Friedensplan belohnt Russlands Aggression. Wenn überhaupt, kann so nur ein fragiler, kurzzeitiger Waffenstillstand erreicht werden. Die Ukraine kann so nicht als sicherer Staat überleben.

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  • dreamless_day@feddit.org
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    1 day ago

    Ich finde es echt erschreckend wie viel Macht eine einzelne Person in der Rolle des Präsidenten in den USA hat.
    Klar, ist der Präsident, aber mal eben die gesamte Außenpolitik umzukrempeln, für Jahrzehnte bestehende Bündnisse zu zerstören und mit dem „Erzrivalen“ gemeinsame Sache machen ist schon krass.
    Das Ganze nur weil Rot 1% mehr Stimmen als Blau bekommen hat.

    • A_norny_mousse@feddit.org
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      1 day ago

      Es war vorher schon nicht perfekt aber spätestens seit 2001 und dem “War On Terror” ist Gewaltenteilung nur noch ein Feigenblatt. Da hat man dem Präsidenten endlich (lag wahrscheinlich schon lange mit Schleifchen in der Schublade) noch grössere Vollmacht erteilt. Bush, das Papasöhnchen, hat sich wahrlich gefreut dass die Geschichte ihm so ein willkommenes Geschenk überreicht hat.

      Es ist fast schon ein Wunder dass es trotzdem noch 15 Jahre gedauert hat bis jemand diese neuen Vollmachten komplett ausnutzte.

    • cows_are_underrated@feddit.org
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      1 day ago

      Mich erstaunt es auch, wer auf diese geniale Idee gekommen ist alles an Macht in einer einzigen Person zu bündeln. Das Konzept an sich ist schon scheiße.